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Zweifel, Ausreden und Begeisterung – Erkenntnisse eines Handstand Seminars Teil 1

    Handstand Seminar Sebastian Müller Das Gefühl und die Fragen die in einem hoch kommen, wenn du dir einen Tag vor einem langersehnten Handstand Seminar den Rücken verletzt, hätte ich mir gerne gespart.

    Und doch hatte ich so die Gelegenheit wichtige Lektionen über mich und das Leben im Allgemeinen zu lernen.

    Hier ist die ganze Geschichte. 

    Vor ein paar Monaten bin ich beim surfen zufällig auf ein Handstand Seminar gestoßen. Michael, der sich vor kurzem hier auf dem Blog die Ehre gab, drückte auf teilnehmen. Facebook war so freundlich mir diese wichtige Info mit auf den Weg zu geben.

    Das ich auch teilnehmen werde, wusste ich sofort. Besagtes Seminar war ein Handstand Seminar von Yuval Ayalon. Ich folge Yuval on Hands, wie er sich auch nennt, schon seit einigen Monaten.

    Hast du die Begeisterung für diese Übung erst einmal in dir entdeckt und möchtest den Handstand lernen, kommst du an Trainern wie Yuval nicht vorbei.

    Solltest du dich in der Vergangenheit bereits bei einem Handstand Seminar angemeldet haben, weißt du das automatisch etliche Erwartungen und Zweifel hochkommen. Beide liegen sehr nah zusammen. Vielleicht sind sie sogar das Gleiche.

    Meine Erwartungen und Zweifel vor dem Handstand Seminar waren: 

    • Werde ich gut genug sein?
    • Werde ich alles verstehen?
    • Wird organisatorisch alles klappen?
    • Werde ich mich in den zwei Tagen Handstand Seminar verbessern?
    • Wird es Spaß machen?
    • Wie wird das Seminar aufgebaut sein?
    • Wird es mich auch als Trainer besser machen?
    • Werde ich das neue Wissen in meine Kurse einfließen lassen können?
    • Werde ich die Eingangskriterien erfüllen?
    • Werde ich zum Seminar physisch fit genug sein, um mental möglichst viel Wissen aufnehmen zu können?

    Es fällt auf, dass ich eine hohe Erwartungshaltung an mich selbst habe, schaust du dir diese Fragen genauer an. Das liegt wahrscheinlich an der Erfahrung der letzten Jahre und den zahlreichen Seminaren an denen ich teilgenommen habe.

    An sich sind diese Fragen nur Annahmen die in der Zukunft liegen und die ich nur bedingt beeinflussen kann.

    Hier sind die Dinge die ich beeinflussen konnte. Wie Micha hatte auch ich mich für das Advanced Seminar angemeldet. Voraussetzung war, dass du einen freien Handstand für 30 Sekunden halten kannst.

    Da ich den Handstand im Training schon einige Male länger gehalten habe, machte ich mir diesbezüglich keinen Kopf was die Anmeldung anging.

    Trotzdem wusste ich, dass ich dem Handstand weiter viel Zeit widmen musste, um auch physisch gut drauf zu sein. Vor allen Mobilisationsübungen für die Hand- und Schultergelenke und Übungen für die Brustwirbelsäule standen auf dem Plan.

    Viel mehr als das konnte ich nicht tun, da ich niemanden in meiner unmittelbaren Umgebung hatte der mir noch ein paar persönliche Tipps zum Handstand geben konnte. Videos und Bücher helfen da bekanntlich nur bedingt weiter.

    99% der Dinge über die wir uns Sorgen machen, werden nie passieren. 

    Zurück zu meinen Fragen. Interessant ist, dass eine wichtige Frage komplett fehlte.

    Durch eine kleine Wendung des Schicksals wurden alle Fragen unwichtig und ich hatte auf einen Schlag nur noch eine Einzige.

    Werde ich überhaupt teilnehmen können?

    Freitagmorgen, einen Tag vor dem Seminar, holte mich mein Körper kurz auf den Boden der Tatsachen zurück. Bei frischen Temperaturen und nur im Shirt gekleidet, machte beim Reisetasche aus dem Auto heben ein Muskel im oberen Rücken dicht.

    Das ist ungefähr so als ob dir jemand ein Messer in den Rücken rammt. Da das nicht meine erste Erfahrung dieser Art war, wusste ich sofort was los war.

    Zwei Dinge gingen mir durch den Kopf:

    Die Frage ob ich fahre oder nicht und die erste Erkenntnis, dass Zweifel und Erwartungen völliger Quatsch sind denn du weißt nie was kommt.

    Und das war nur der Anfang vom „Kopftext“. 

    Hier war ich nun. Einen Tag vor dem Workshop mit der perfekten Ausrede für meine ehemals gehegten Zweifel und Erwartungen.

    Der leichteste Weg wäre abzusagen und nicht zu fahren. Einfach die Verantwortung abgeben.

    Ich entschied mich dafür in den sauren Apfel zu beißen und zu fahren egal wie es mir geht. Das war erst am Samstag Vormittag. Ein paar Stunden vor dem Seminar.

    Was war in der Zwischenzeit bis zum Handstand Seminar passiert?

    Nachdem ich eine ganze Weile im Selbstmitleid geschwommen bin, hatte ich genug vom Opfer sein und mir wurden ein paar Dinge bewusst:

    #1: Verantwortung für sich selbst zu übernehmen bedeutet sich außerhalb der eigenen Komfortzone zu bewegen.

    In der Vergangenheit habe ich schon oft darüber geschrieben. Gute Dinge werden passieren, wenn du dich außerhalb deiner Komfortzone bewegst.

    Diese Situation war perfekt um es meinen Zweifeln mal wieder richtig zu zeigen. Des Weiteren ist es rückblickend auch wertvoll zu wissen, dass dich unvorhergesehene Dinge nicht gleich komplett aus der Bahn werfen.

    Ein Seminar wegen einer „kleineren“ Verletzung abzusagen auf das ich mich im Vorfeld so gefreut habe? Auf keinen Fall!!

    #2: Ich hatte auch schon vorher mit leichteren Verletzungen an Seminaren oder Workshops teilgenommen und es nie bereut.

    In meiner Vorbereitung zur Russian Kettlebell Challenge 2012 habe ich etwas zu viel Gas gegeben und meine rechte Schulter überlastet. Meinen Peak hatte ich zwei Wochen vor der Trainer Ausbildung und verpasste es meinen Körper danach auch mal eine Woche Ruhe zu geben.

    Zu dem Zeitpunkt abzusagen, war keine Option. Die komplette Ausbildung war bezahlt und ich wollte den Trainerschein unbedingt.

    #3: Begeisterung hilft dabei das Leben zu genießen. 

    Dieses Zitat hat mir vor ein paar Wochen eine Freundin geschickt und es hat mir sehr geholfen. Ich finde es passt auch zu dieser Situation.

    „Begeisterung. Wenn du es schaffst, den Weg zu deinem Ziel mit Begeisterung zu gehen, ist dir der Erfolg sicher. Begeisterung ist die Grundlage für Leidenschaft, der Bereitschaft zu Leiden. Mit Begeisterung im Herzen, wirst du auch schwierige Zeiten durchstehen und kannst die meiste Zeit mit Lebensfreude genießen.“

    Ich begeistere mich für den Handstand und bin bereit zu Leiden um das Leben genießen…

    #4: Ich erinnerte mich an etwas, dass ich auf My Monk, einem meiner Lieblingsblogs, gelesen hatte.

    Leben heißt: sich ständig entscheiden müssen zwischen Sicherheit (aus Angst und dem Bedürfnis, Dich zu verteidigen) und Risiko (um voranzukommen und zu wachsen). Entscheide Dich mindestens ein Dutzend Mal am Tag für das Wachstum.“

    Was Angst alles bewirkt, hatte ich HIER schon einmal beschrieben und selbst wenn ich nur beim Handstand Seminar zugeschaut hätte, wäre ich garantiert einen kleinen Schritt bei diesem überragenden Skill vorangekommen.

    Du siehst, ich hatte gar keine andere Wahl als zu fahren.

    Die Überschrift verrät schon, dass dies nicht die einzigen Erkenntnisse von dem zweitägigen Handstand Seminar von Yuval waren. Es lohnt sich also dran zu bleiben.

    Was mich interessiert ist, ob du schon einmal eine ähnliche Erfahrung gemacht hast. Kennst du diese Situationen wo du dich entscheiden musst und rückblickend absolut dankbar bist, dass du dich dafür entschieden hast? 

    Teil 2: Spezialisierung – Erkenntnisse eines Handstand Seminars

    8 Gedanken zu „Zweifel, Ausreden und Begeisterung – Erkenntnisse eines Handstand Seminars Teil 1“

    1. Toller Blogpost!
      Passt gerade perfekt. Mir ist nämlich vor 3 Tagen dasselbe passiert.
      Nachdem ich mehrere Tage Breakdance trainiert, und dabei teilweise zu viel Gas gegeben hatte, tat mein Rücken etwas weh. Am nächsten Tag nur kurz falsch gehoben, und das „Messer“ ist mir in den oberen Rücken gefahren. Autsch. Konnte mich nur noch seeehr langsam bewegen. Nachdem ich auch die Phase des Selbstmitleides durch bin, ist mir klar geworden, dass mich das nicht weiter bringt. Also habe ich langsam angefangen zu experimentieren welche Bewegungen überhaupt möglich sind. Sehr sehr vorsichtig mobilisiert. Dann habe ich mir eine Sauna gegönnt und lange geduscht. Mit etwas größeren Mobilisationsbewegungen und langem aushängen, war der Schmerz noch am Ende des Tages um einiges leichter und kompromissbereiter. 🙂

      Es ist nicht immer einfach aus der Opferrolle rauszukommen. Toll das du es geschafft hast.
      Mich hat es wieder auf den richtigen Weg gebracht, mehr auf meinem Körper zu hören und meine Korrektur- und Mobilisationsübungen wieder regelmäßig auszuführen.
      Es ist unsere Entscheidung – Ob wir uns von schweren Zeiten schwächen lassen, oder ob wir gestärkt daraus hervorgehen.

      Bin gespannt auf Teil 2. 🙂

      Viele Grüße
      Frank

      P.S.: Wenn ich in der Nähe, und nicht auf der anderen Seite der Erde wäre, hätte ich dir gerne Tipps zu deinem Handstand gegeben. 🙂

    2. Hey Frank,

      danke dir! Und ich habe es tatsächlich genauso gemacht.
      Viel Wärme und super viel sanfte Mobilisation. Ich glaube vor allem, dass die vielen leichten Bewegungen extrem geholfen. Früher wäre ich in eine Schonhaltung gegangen und hätte mich nur so viel wie nötig bewegt.

      Nachdem ich Samstagmorgen ein paar Handstand Versuche an der Wand angetestet hatte und diese vom Schmerz her gut aushalten konnte, wusste ich definitiv das ich fahren kann. Mittlerweile habe ich zum Glück auch eine gute Wahrnehmung und weiß was ich meinem Körper zumuten kann und wann ich mich schonen sollte.

      Und ja, du wärst meine erste Anlaufstation gewesen bei Fragen zum Handstand. 🙂 Hab noch eine gute Zeit auf der anderen Seite… 🙂

      Beste Grüße,
      Sebastian

    3. Hallo,
      ich wollte als erstes loswerden, wie großartig deine Seite ist. Ich kann echt viele Sachen für mein eigenes Training rausziehen.
      Wie es der Teufel so will, habe ich heute morgen beim Aufstehen Schmerzen im Nackenbereich gehabt. Zu nicken und den Kopf zu schütteln tut weh. Das wäre im Grunde genommen alles halb so wild, wenn am Samstag nicht die HKC- Zertifikation wäre, auf die ich mich schon seit Wochen freue. Also were ich den Nackenbereich schön warm halten und einige leichte Mobilisationsübungen machen.
      Was ich damit sagen will ist, dass es interessant ist zu hören, das so etwas nicht nur mir passiert, sondern auch anderen, denn der erste Gedanke, den man hat, wenn einem so etwas passiert, ist ja meist ( besonders bei mir):“ Warum passiert der Sch*** immer nur mir?“
      Mach weiter mit den großartigen Artikeln und bleib gesund ;)!
      Gruß
      David

    4. Hey David,

      danke für deinen Kommentar und ob du es glaubst oder nicht, mein erster Gedanke war auch, Sche… warum immer ich. 😀

      Ich wünsche dir, dass du am Samstag beschwerdefrei mit turnen kannst. Auf jeden fall machst du alles richtig, wenn du immer wieder alles sanft durchbewegst.

      Also, viel Erfolg bei der HKC Zerti und sag Robert einen schönen Gruß von mir.

      Beste Grüße,
      Sebastian

    5. Bekannt!
      Ich war freitags am Packen, für ein langes Taijiquan-Wochenende, hatte mich bereits für diesen Tag auf Arbeit krankgemeldet (Erkältung am Heraufdämmern) und hätte auch beinahe das Wochenende gecancelt (welches ich ja höchstselbst organisiert hatte!). Es stand ja eine Fighting Form auf dem Programm, und das ist schweißtreibend und nix für Leute mit Bettruheempfehlung. Letztendlich habe ich mich mit reichlich Paracetamol und Vitaminen (dafür mit wenig Stimme) durch das Wochenende sowie die Fighting Form gekämpft. Und bin froh darum! Am Montag ging’s als Erstes zum Arzt, der mir Antibiotika ver- und mich für die komplette Woche krankgeschrieben hat. Das wäre wohl so oder so der Fall gewesen – von dem her war’s gut, wenigstens das Wochenende sinnvoll genutzt und es nicht ausschließlich im Bett, als Opfer, verbracht zu haben. (-:

      Irgendwie geht’s immer, außer das Bein ist gebrochen oder die Körpertemperatur jenseits der 39 Grad Celsius. Wenn der Geist sich durchringt, zieht er auch den Körper mit. Oftmals mit einem leichten Hinkebein – aber das ist allemal besser als Kapitulation und Stillstand!

    6. Hey Marko,

      gerade erst deinen Kommentar entdeckt.

      Da bin ich ja definitiv kein Einzelfall. Zum Glück war es bei mir keine Erkältung. Mit dickem Kopf hätte ich bestimmt Probleme bekommen.

      Cool, das es sich für dich am Ende auch gelohnt hat. Was tust du nicht alles, wenn du etwas wirklich willst. 🙂

      Beste Grüße und danke für dein Feedback,

      Sebastian

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