Wenn du in meinem Gym das erste Mal die Trainingsfläche betrittst, ist es so als ob du gerade aus der Dusche kommst und es an der Haustür klingelt.
Das kennst du bestimmt. Du schnappst dir schnell ein Handtuch, um irgendwie deinen Körper zu bedecken und öffnest die Tür nur einen klitzekleinen Spalt.
Eine blöde Situation, die dich kalt erwischt. Du überlegst die ganze Zeit hin und her, ob du öffnen solltest oder das Klingeln einfach ignorierst.
Du fragst dich was das mit dem Training in meinem Gym zu tun hat?
Wenn ich Sportler bitte ihre Schuhe auszuziehen, ist es als ob ich die Tür aufschlage und ihnen ihr Handtuch wegziehe.
Schockierte Blicke. Du würdest es nicht glauben. Es liegt sofort Spannung in der Luft und der „Kampf oder Flucht Modus“ setzt ein.
Keine Ahnung was die Leute mit ihren Schuhen und nackten Füßen haben.
Danach folgt eine kurze Informationsveranstaltung meinerseits darüber warum wir ohne Schuhe trainieren.
Im Anschluss gibt es weitere kleine Schockmomente. Selfies sind nicht möglich, weil die Spiegel fehlen und Handschuhe sind auch nicht erlaubt. Bei uns ist alles ein wenig anders. Doch am Ende sind immer alle glücklich.
Warum barfuß trainieren?
„High tech shoes = low tech foot“ – Ido Portal
Die Wahrscheinlichkeit, dass deine Füße total unterentwickelt und betäubt sind, ist hoch.
Und da wir nicht sitzend an Maschinen trainieren, sondern die meiste Zeit auf beiden Beinen stehen oder uns bewegen, müssen wir uns besonders um unsere Füße kümmern.
Unsere Füße zu befreien, ist das Erste was wir im Training tun.
Hier sind drei Dinge die wichtig für deine Füße sind. Im Alltag wie beim Training.
- Deine Füße müssen sich entfalten können
- Deine Füße brauchen Feedback über den Boden
- Deine Füße müssen stabil stehen und das Körpergewicht gleichmäßig verteilt sein
Die meisten Sportler, die das erste Mal zu mir ins Training kommen, haben Schuhe an den Füßen die keinen dieser Punkte ermöglichen. Sie sind viel zu eng, haben einen Monster Keil unter der Ferse und Luftkissen Sohlen, damit es die Füße auch ja schön „bequem“ haben.
Diese Schuhe, Bewegungsmangel und ein überwiegend sitzender Alltag sind übrigens auch der Grund warum immer weniger Sportler in die tiefe Hocke kommen.
Du siehst, in dem Moment wo ich die Handtücher wegziehe, habe ich nur das Beste für meine Schützlinge im Sinn.
Zurück zu den Punkten.
Warum sollten sich deine Füße entfalten können, Feedback über den Boden aufnehmen und stabil stehen, mit dem Körpergewicht auf den kompletten Fuß verteilt?
Was ist dieser ultimative Grund zum barfuß trainieren?
Du bist S.T.Ä.R.K.E.R.
Im Ernst. Ich habe lange überlegt, welche Punkte ich dir an dieser Stelle um die Ohren haue. Aber brauchst du mehr als diesen einen zum barfuß trainieren?
Hier geht’s um Krafttraining.
Das Ziel ist stärker zu werden.
Wenn dieser eine Grund für dich nicht ausreicht oder du nicht daran interessiert bist stärker zu werden, solltest du ernsthaft deine Trainingseinstellung hinterfragen.
Klar, Beweglichkeit und Ausdauer sind wichtig. Ja, auch dein Spiegelbild. Aber eine bessere Beweglichkeit und Ausdauer sollten dir primär dafür dienen, um effektiver an deiner Kraft arbeiten zu können. Ein nettes Spiegelbild ist bei sinnvoller Ernährung die logische Konsequenz.
Wenn du deine Schuhe ausziehst und dadurch mehr Gewicht heben kannst, würdest du es tun?
Wenn du deine Schuhe ausziehst und dadurch mehr Gewicht pressen kannst, würdest du es tun?
Wenn du deine Schuhe ausziehst und dadurch explosiver wirst, würdest du es tun?
Ja, ja und verdammt nochmal JA?
Schön, dass wir uns einig sind.
Warum bist du beim barfuß trainieren stärker?
Durch die verbesserte Propriozeption hat dein „Körper/Gehirn“ eine bessere Vorstellung davon wie die Stellung einzelner Körperteile zueinander ist.
Die Eigenempfindung wird verbessert also steigt die Fähigkeit Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern.
Du kannst mehr Muskeln auf einmal und diese viel gezielter ansteuern und das macht dich stärker. Ganz nebenbei senkst du übrigens die Verletzungsanfälligkeit.
Und das sind genau die Gründe warum wir nicht auf Wackelbrettern trainieren.
Was ist bei Schuhpflicht? Trotzdem barfuß trainieren oder gibt es Alternativen?
Trainierst du in einem Studio in dem barfuß trainieren verboten ist, kündige sofort! Kein Scherz. Ich wette, dass dort niemand Interesse daran hat, dass du stärker wirst.
Das ist wegen der Sicherheit, sagen sie? Falls mal ein Gewicht runterfällt?
Hmmm…. Lass einfach mal eine 1kg Schreibe von Brustwarzenhöhe auf einen fancy Sneaker fallen, in dem dein Fuß steckt und fühle wie sicher das ist.
Es ist wegen der Hygiene, sagen sie?
O.k. Das wäre ein Argument. Andererseits ist im Zeitalter der Waschbecken und Duschen, mit scheinbar niemals versiegenden Quellen an Flüssigkeit, jederzeit eine kleine Fußwäsche drin.
Und falls doch mal etwas riecht, hilft ein bisschen Wahrheit.
„Alter, deine Füße stinken und im Zeitalter der Waschbecken und Duschen, mit scheinbar niemals versiegenden Quellen an Flüssigkeit, sollte eine kleine Fußwäsche für dich drin sein, oder?“
Hat dein Gegenüber das eigene Ego im Griff wird er oder sie dir dankbar sein und alle anderen im Raum, die nicht den Mumm hatten etwas zu sagen, sind es auch.
Barfußschuhe als Alternative?
Geht, aber du musst aufpassen. Nicht alles, was als Barfußschuh verkauft wird, ist auch ein Barfußschuh.
Hier ist eine Liste mit passenden Schuhen:
- Chuck Taylors
- Vibram 5 Fingers
- Merrell Barfußschuhe
- Natur Vibes Runner PRO (Shop von meinem Buddy Luca)
- New Balance Minimus
- Nike Free Bionic
- Vivobarefoot Primus
Ich bin von Chucks auf die Vibram 5 Fingers gekommen. Als ich den Anblick der Zehenschuhe nicht mehr ertragen konnte, wechselte ich auf Merrells. Angekommen bin ich jedoch bei den Vivobarefoot und hab mir ein paar von den Natur Vibes gegönnt (die sind preislich unschlagbar).
Was ist mit Gewichtheberschuhen?
Gewichtheberschuhe sind wichtig bei bestimmten Übungen oder speziellen Zielen.
Beim Reißen und Stoßen mit der Langhantel, wo du dich schnell unter das Gewicht setzen musst, sind Gewichtheberschuhe absolut sinnvoll. Bei Bewegungen wo du oft mit dem gesamten Fuß landest oder die Ferse immer wieder auf den Boden prallt (z.B. Varianten beim Kettlebell Clean & Jerk oder Push Press), solltest du deine Füße auch schützen.
Bei bestimmten Einschränkungen oder dem Versuch spezielle Muskeln gezielter zu rekrutieren, aber auch bei überdurchschnittlich hohen Lasten kann eine Stabilisation des Fußgewölbes oder ein Schuh mit Fersenerhöhung Sinn machen.
Du siehst, es kommt darauf an. Jedoch ist die Rede hier eher von Spezialisierung und die Entscheidung muss individuell getroffen werden.
Für einfaches Krafttraining, um einen einseitigen Alltag und Bewegungsmangel auszugleichen und um jeden Tag einfach ein bisschen besser zu werden, fährst du am besten ohne Schuhe oder mit minimalem Schuhwerk.
Jetzt weißt du wie die Antwort lautet, wenn dich jemand fragt warum du barfuß trainieren eine sehr gute Idee ist.